Geige

Die Violine (Geige, Abk.: Vl.) ist ein zu den Kastenhalslauten gehörendes Streichinstrument. Ihre vier Saiten (g – d1 – a1 – e2) werden mit einem Bogen gestrichen. In der Tradition der klassischen europäischen Musik spielt die Violine eine wichtige Rolle – viele große Komponisten haben ihr bedeutende Teile ihres Schaffens gewidmet. Violinen werden von Geigenbauern hergestellt. Namensursprung Die Bezeichnung Violine bedeutet eigentlich „kleine Viola“. Eine ursprüngliche Bezeichnung war italienisch viola con tre corde senza tasti (dreisaitige Viola ohne Bünde). Um 1523 ist der Begriff französisch vyollon nachgewiesen. Seit der Entwicklung der drei Familien Viola da braccio, Viola da gamba und Lira aus der Fidel im 16. Jahrhundert engte sich der Begriff auf die Braccio-Familie ein und gilt nur noch für deren Diskantvariante, die Violine. Der Begriff italienisch violino taucht erstmals um 1535 auf. Historisch bezeichnete der deutsche Begriff Geige auch andere Streichinstrumente, namentlich Bratsche, Cello und die Vorläufer von Kontrabass und Gambe. „Das Wort Geige begreift in sich Instrumente verschiedener Art und Größe, welche mit Darmseyten bezogen sind. Aus diesem erhelt, daß das Wort Geige ein allgemeines Wort ist, welches alle Arten von Geiginstrumenten in sich einschließet; und daß es folglich nur von einem Mißbrauche herrühret, wenn man die Violin platterdings die Geige nennet.“ Violine im Querschnitt Der Resonanzkörper wird aus Decke, Boden und Zargenkranz gebildet. Zur Verleimung der einzelnen Bauteile wird Knochenleim (Warmleim) oder Hautleim verwendet. Er besteht aus Proteinen, die aus Tierknochen oder -haut gewonnen werden. Er ist wasserlöslich und wird bei einer Temperatur von etwa 50 bis 60 Grad Celsius weich. Daher kann ein erfahrener Geigenbauer das Instrument problemlos auseinandernehmen, ohne Holz oder Lack zu beschädigen. Der Lack schützt das Holz des Instrumentes und konserviert dessen Schwingungseigenschaften. Er kann den Klang erheblich beeinflussen, aber nicht deutlich verbessern. Ein unfachmännisch aufgetragener Lack kann den Klang eines Instruments „töten“, das heißt die Schwingfähigkeit der Decke stark einschränken (siehe Geigenlack). Decke Die Decke ist der mit zwei F-Löchern versehene, gewölbte, aus Fichtenholz gefertigte obere Teil. Die Decke ist meistens aus zwei mittig miteinander verleimten Teilen gefertigt. Idealerweise wird „feinjähriges“ Holz (die Jahresringe liegen eng und gleichmäßig) verwendet, das auf nährstoffarmem Boden in Hochgebirgsregionen langsam gewachsen ist. Es wird in der ersten Hälfte des Winters geschlagen, wenn sich möglichst wenig Saft im Stamm befindet, und danach mehrere Jahre zur Trocknung gelagert, erst als Stamm und nochmal einige Jahre lang im zugeschnittenen Zustand. Die fertige Decke hat meist eine Dicke von 2,4 bis 3,5 mm. Um die passende Flexibilität zu erreichen, wird dabei steifes Holz dünner ausgearbeitet als weiches Holz. Boden Wölben“ des Violinbodens Der Boden ist meistens aus Ahorn gefertigt (sehr selten Pappel oder Weide) und ebenfalls gewölbt. Der Boden kann einteilig oder aus zwei miteinander verleimten Teilen gefertigt sein, was an der spiegelsymmetrischen Maserung des Holzes zu erkennen ist. Zarge Die Zargen sind die Seitenteile des Korpus und sind mit Boden und Decke verleimt, in seltenen Fällen darüber hinaus in den Boden eingelassen. Sie bestehen meistens aus demselben Holz wie der Boden. Randeinlagen oder Adern verzieren den Rand der Decke und des Bodens. Dies sind drei nebeneinanderliegende schmale Holzstreifen, deren Äußeres oft schwarz gefärbt ist. Sie werden in den Adergraben gelegt und verleimt. Neben der Verzierung dienen sie der Stabilisierung der über den Zargenkranz hinausragenden Ränder von Decke und Boden. Korpus und Anliegendes Der Korpus ist ein etwa 35 bis 36 cm langer Hohlkörper. In eine trapezförmige Aussparung wird der Hals geleimt. Dieser hat eine Länge von etwa 13 cm und wird mit dem Griffbrett (ungefähr 27 cm Länge) verleimt, das etwa 14 cm über den Korpus ragt. Das Griffbrett ist meist aus feinporigem Ebenholz gefertigt, das besonders hart und verschleißfest ist. Seltener, vor allem bei einfacheren Instrumenten, werden andere Hölzer verwendet, beispielsweise vom Birnbaum, die geschwärzt werden, um das Aussehen des edleren Ebenholzes nachzuahmen. Am schmalen Griffbrettende befindet sich der Sattel oder Obersattel, der die Saiten in den Wirbelkasten führt. Dort befinden sich die vier konischen Wirbel, mit denen die Saiten des Instrumentes gestimmt werden. Der Wirbelkasten endet in der Schnecke (selten dem Frauen- oder Löwenkopf). Hierbei handelt es sich um fein geschnitztes Holz, welches normalerweise die Form einer Schnecke hat, daher der Name. Die Schnecke ist oft ein Erkennungsmerkmal des Geigenbauers. Am anderen Ende hat die Zarge ein Loch, in das der Endknopf eingesteckt ist. Der Saitenhalter wird mittels der Henkelsaite über den Untersattel an diesem Endknopf befestigt. Dann können die Saiten zwischen Saitenhalter und Wirbel gespannt werden. Der Steg aus feinjährigem Ahorn wird zwischen Decke und Saiten eingesetzt. Er steht ohne Befestigung auf der Decke und wird durch die Spannung der darüber laufenden Saiten in der korrekten Position gehalten. Über den Steg werden die Schwingungen der Saiten auf den Korpus übertragen. Mittels der vier Wirbel im Wirbelkasten werden die Saiten gestimmt. Am Saitenhalter können zudem Feinstimmer angebracht sein. Sind alle Saiten aus Stahl, können vier Feinstimmer sinnvoll sein. Inneres Einige Bauteile befinden sich im Inneren des Korpus. Der Bassbalken ist eine leicht schräg zur Faserrichtung verlaufende Fichtenholzleiste, die unter leichter Vorspannung auf die Deckeninnenseite geleimt ist. Er erhöht sowohl die Anisotropie als auch die Steifigkeit der Decke. Der Bassbalken verläuft asymmetrisch unter dem bassseitigen Stegfuß. Der Stimmstock (die Seele oder Stimme) und dessen präzise Platzierung beeinflusst und reguliert den Klang der Geige erheblich. Es handelt sich bei ihm um einen zylindrischen Fichtenholzstab (etwa 6 mm Durchmesser), der zwischen Decke und Boden eingepasst, aber nicht verleimt wird. Seine Position ist etwa drei Millimeter unterhalb des diskantseitigen, also auf der Seite der tonlagehöchsten Saite angebrachten Stegfußes. Ober-, Unter- und Endklötze, sowie Reifchen im Innern des Korpus dienen der Stabilisierung der Zargen. Die Klötze sind aus Fichtenholz, die Reifchen aus Fichte oder Weide gefertigt. Der Kinnhalter erleichtert das Halten des Instruments zwischen Kinn und Schulter. Er ist mit Spannschrauben am Instrument festgeklemmt und befindet sich beim Spielen zwischen Instrument und Kinn. Dem gleichen Zweck dient die Schulterstütze zwischen Instrument und Schulter. Sie wird vor dem Spielen an der Geige befestigt. Die Saiten Die vier Saiten bestehen aus Naturdarm, der mit Silber- oder Aluminiumdraht umsponnen sein kann, aus Kunststoff oder Stahldraht. Die höchste Saite (Chanterelle) ist die E-Saite und besteht meistens aus Stahldraht. Darmsaiten reagieren stärker auf Temperatur- und Feuchtigkeitsänderung, sie werden hauptsächlich in der historischen Aufführungspraxis verwendet. Die Saiten werden in Quinten auf die Töne g – d1 – a1 – e2 gestimmt (Davon abweichende Stimmungen finden sich in der orientalischen Musikpraxis, z. B. in der klassischen persischen Musik). Orchester stimmen in Deutschland und Österreich mit einem Kammerton von 443 Hz, in der Schweiz vorwiegend auf 442 Hz. Tonerzeugung Bedingt durch die Oberflächenstruktur des Rosshaars und verstärkt durch den Auftrag von Kolophonium, verfügt der Bezug des Bogens über eine hohe Haftkraft aus der Haftreibung. Beim Anstreichen der Saite durch den angelegten Bogen wird diese daher zunächst in Strichrichtung mit ausgelenkt, so lange, bis die Rückstellkraft der Saite größer ist als die Haftreibung zwischen Bogenbezug und Saite: Die Saite schnellt entgegen der Strichrichtung zurück. Bei korrekter Wahl von Strichstelle, Strichgeschwindigkeit und Bogendruck wird die Saite am Ende dieser Bewegung wieder vom Bogen erfasst und abermals mitgenommen (Stick-Slip-Effekt), die Saite schwingt beständig angeregt. Wie viele Male pro Sekunde sich dieser Vorgang wiederholt, hängt von der Frequenz des jeweils gespielten Tons beziehungsweise der wirksamen Saitenlänge ab. Die Auslenkung der angeregten Stelle der Saite beschreibt über der Zeit eine elliptische Bahn, mit der längeren Achse orientiert etwa in Strichrichtung. Die Saite selbst hat eine recht kleine Wirkfläche, womit sie nur eine geringe Luftmenge in Bewegung setzt, zu wenig, um einen für das menschliche Ohr deutlich wahrnehmbaren Ton zu erzeugen. Der Korpus wirkt als Impedanzwandler. Durch die Übertragung der Schwingungen von der Saite auf den Korpus wird zwar die Amplitude der Schwingungen deutlich geringer, die Abstrahlungsfläche aber so weit vergrößert, dass eine gute Ankoppelung an die Luft und ein für das Ohr wahrnehmbarer Ton entsteht. Diese Umwandlung folgt denkbar komplexen Mustern. Der Steg, auf dem die Saite auflagert, wird angeregt, der Saitenschwingung in der Strichebene zu folgen. Die Geigendecke wiederum, auf der der Steg ruht, ist nur zur Schwingung im rechten Winkel zur Strichebene in der Lage. Dieses zwingt den Steg zu einer Schaukelbewegung, bei der die beiden Stegfüße die beiden Deckenhälften alternierend be- und entlasten. Bei einer solchen Wippbewegung, wo die Drehachse genau in der Mitte des Steges liegt, würden jedoch beide Deckenhälften gegeneinander arbeiten, was mit Lautstärkeverlusten und Klangveränderungen einherginge. Dem wird begegnet indem unter den rechten Stegfuß ein Stäbchen – der Stimmstock (meistens einfach Stimme genannt) – geklemmt wird. Der behindert zunächst den rechten Stegfuß, wodurch die Drehachse dieser Schaukelbewegung sich nach rechts verlagert und fast die gesamte Arbeit (diejenige der tiefen Frequenzen) vom linken Stegfuß geleistet wird. Um eine verbesserte Verteilung der dort abgegebenen Schwingungen auf der Decke zu erreichen, wird zusätzlich auf der Unterseite der Decke unter den linken Stegfuß unter Spannung der Bassbalken aufgeleimt, der den linken Stegfuß insbesondere bei hohen Frequenzen behindert – das heißt die Drehachse verlagert sich für diese nach links. Je nach Frequenz des gespielten Tons ist mehr der linke (tiefe Frequenzen) oder der rechte (hohe Frequenzen) Stegfuß aktiver, wodurch die Schwingungen im einen Fall mehr von der Decke (unterstützt durch den Bassbalken), im anderen von Decke und (übertragen durch die Stimme) dem Boden abgegeben werden. Bei tiefen Frequenzen schwingen somit Boden und Decke gegeneinander, und das eingeschlossene Luft-Volumen bildet einen breitbandigen Hohlraumresonator, der eine Schallabstrahlung über die F-Löcher bewirkt. Grifftabelle für alle Tonarten Die Violine liegt linksseitig auf Schulter und Brust des Violinisten und wird von der linken Kante des Unterkiefers gehalten. Die linke Hand wird - je nach Violinschule und Spielweisse - sowohl zum Stützen des Instruments, als auch zum Greifen der Saiten verwendet. Die rechte Hand führt den Bogen, mit dem die Saiten zwischen Griffbrett und Steg gestrichen werden. Griffe und Klangvariation Tonhöhe: Auf dem Griffbrett befinden sich keine Bünde. Daher muss der Violinist, um den gewünschten Ton genau zu treffen, die Saite exakt an der richtigen Stelle niederdrücken. Mit der Technik des Doppelgriffs kann mehrstimmig gespielt werden. Mehrstimmige Akkorde werden normalerweise arpeggiert. Durch hohen Bogendruck und zügigen Strich können dreistimmige Akkorde mehrfach hintereinander gespielt werden. Vibrato: Durch leichtes Hin- und Herrollen des greifenden Fingers (Fingervibrato) durch Bewegung des Handgelenkes oder des gesamten linken Armes lässt sich ein Vibrato des Tons erzeugen. Durch den Ort des Streichens (näher am Steg oder näher am Griffbrett) kann die Klangfarbe weitreichend beeinflusst werden. Durch den Druck und die Streichgeschwindigkeit werden Lautstärke und Klang ebenfalls beeinflusst. Die Stärke der Anregung bestimmt die Lautstärke. Dämpfung: Auf den Steg kann ein Dämpfer (sordino) gesteckt werden. Der Dämpfer bewirkt durch seine Masse eine Verringerung der Schwingungsamplitude des Steges und setzt dessen Eigenfrequenz herab. Je nach Art des Dämpfers wird dadurch die Lautstärke der Violine leicht bis sehr stark vermindert, außerdem bewirkt der Dämpfer einen „nasalen“ Klang der Violine. Ein Flageolett kann gespielt werden, indem die Finger der linken Hand an solchen Stellen leicht auf die Saite gelegt werden, wo die Schwingungsknoten höherer Schwingungsmodi liegen. Dadurch wird die Grund-Schwingungsfrequenz gedämpft und es schwingen nur die entsprechenden Oberwellen bzw. Harmonische an (zum Beispiel doppelte oder dreifache Frequenz bei Aufsetzen bei halber beziehungsweise einem Drittel der Saitenlänge). Es entstehen flötenartige Töne.

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